Die Konferenz der Tiere - Thema und Entscheidung des Regisseurs

Als ich vor der Frage stand, welches Theaterstück nach dem Kleinen Prinzen folgen sollte, habe ich überlegt, was wohl "in der Luft liegt" oder anders gesagt, was "den Nerv unserer Zeit trifft ". Letztlich standen zwei Stücke zur Wahl: "Die Unendliche Geschichte" von Michael Ende und "Die Konferenz der Tiere" von Erich Kästner. Dazu musste das Ensemble von 2021 mit angeschaut werden und die Fähigkeiten und die Charaktere der kleinen und großen Mimen. Auch spielte eine Rolle die auf unserer Freilichtbühne mögliche Umsetzung des dramatischen Inhalts, das Bühnenbild, die Musik, die Technik, die Kostüme und die Finanzierbarkeit. Letztere gab natürlich den Ausschlag und so wurde nach einer Theaterfassung der Konferenz der Tiere gesucht.

Dankenswerterweise ermunterte mich der Hamburger Theaterverlag Weitendorf eine eigene Dramatisierung für die Küchwaldbühne zu machen, die dann vom Verlag vor ein paar Tagen wohlwollend genehmigt wurde. Wie groß war meine Überraschung, als am Himmel dunkle Wolken aufzogen und die Zeichen auf Krieg standen: Die Konferenz der Tiere, die Erich Kästner 1949 unter dem Eindruck des kurz zuvor beendeten zweiten Weltkrieges geschrieben hatte, bekam eine bittersüße Aktualität.

Noch während ich die letzten Zeilen meiner Theaterfassung schrieb, spürte ich die sich anbahnende Katastrophe in der Ukraine. Wieder gab es bei den Menschen Konferenzen, die im Sinne Kästners und seiner Tiere keine Lösungen zustande brachten. Wieder einmal müssen die Tiere feststellen, dass es den Erwachsenen nicht gelingt, Kriege zu vermeiden, nebst Revolutionen, Hungersnöte und "neuen Krankheiten" und fügen wir noch den bedrohlichen Klimawandel hinzu und den unappetitlichen Rassismus. Der Löwe Alois klagt deshalb: "O diese Menschen! Wenn ich nicht so blond wäre, könnte ich mich auf der Stelle schwarz ärgern!" Und der Elefant Oskar bringt es auf den Punkt: "Mir tun bloß die Kinder leid, die sie haben! So nette Kinder! Und immer müssen sie die Kriege und die Revolutionen und Streiks mitmachen, und dann sagen die Großen noch: sie hätten alles nur getan, damit es den Kindern einmal besser ginge."

Wenn man aktuell sieht, wie furchtbar die Kinder in der Ukraine leiden (natürlich auch überall, wo Krieg ist!) und sterben müssen, so kann man die von Kästner gemeinte Verzweiflung der Tiere und ihren Aufschrei mitfühlend nachvollziehen. Erträglich macht es uns der Dresdner Autor durch die ihm eigene Art des Humors, der versöhnlich stimmt. Doch klar in der Sache: die Staatspräsidenten, die Uniformierten und Egoisten bekommen ihr Fett gehörig ab. Sie schalten auf stur und wirken nach den Angriffen durch Mäuse und Motten dennoch wenig einsichtig. Erst als die verzweifelten Tiere ihre Kinder entführen, werden sie hilflos und geben sich geschlagen. So erstrahlt am Ende des Stückes eine visionelle Sehnsucht nach Frieden und Menschlichkeit auf unserem Planeten, in diesen Tagen wie eine wieder gewachsene furchtbare Illusion.

Aber die Hoffnung ist nicht ausrottbar: Die Kinder und Jugendlichen, denen die Zukunft gehört, können es schaffen: wenn sie sagen, wir machen das nicht mehr mit! Dann hätten sie eine große Macht, die bewirken könnte, dass Kriege enden. Und die Großen? Wenn Sie in ihrem Herzen jung geblieben sind und die Sehnsucht nach Frieden in ihnen noch lodert, dann können sie den Kindern Helfer sein auf diesem Weg. Denken wir letztlich auch an unsere geschöpflichen Begleiter: die Tiere, die so viele Male leiden unter uns Menschen.

Auch in diesen Tagen fallen auf diese unschuldigen Wesen Bomben und töten sie. Wie schön, dass viele Flüchtende ihre Haustiere mitnehmen und sie nicht dem ungewissen Schicksal überlassen. So kann sich das große Ensemble mit seinen 90 Mitgliedern in der Probenarbeit auf den Weg machen, um künstlerisch das zu verarbeiten versuchen, was Erich Kästner so tief am Herzen lag.

Chemnitz, im März 2022,

Werner Haas, Regie und Musik.

Werner Haas

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